Die Lederfee

Dani Prins bei der Arbeit

Glashütten. Schon als Kind ist Daniela Prins mit ihren Eltern gern und häufig auf Mittelaltermärkte gegangen. „Einmal sind wir sogar bei den Beowulf-Festspielen in Dänemark gewesen“, sagt sie. Dort habe eine Wikingerdarstellerin auf einem Tuch Haarspangen aus Leder ausgebreitet und zum Verkauf angeboten. „Da habe ich gedacht: ‚Das man so etwas Schönes aus einem Stück totes Tier machen kann.‘“ Sie denkt, in diesem Moment sei ihre Faszination für Leder und Lederarbeiten entstanden. Auch habe sich schon als Kind einen eigenen Laden gewünscht. Seit nunmehr vier Jahren hat Daniela Prins beides: Sie arbeitet mit Leder und hat einen eigenen Laden in der Ortsmitte von Glashütten: die Wetterauer Lederschmiede. Dort fertigt sie Taschen und Gürtel, Haarspangen und Messerscheiden, Mieder und Buchhüllen. Alles von Hand. Alles aus Leder. Dabei ist Daniela Prins keine gelernte Feintäschnerin. Sie ist Autodidaktin. „Ich will mir die Berufsbezeichnung gar nicht aneignen. Ich sage immer, ich mache Täschnerhandwerk.“

Das Handwerk übt die 31-Jährige nur nebenberuflich aus. Die gelernte Bürokauffrau hat acht Jahre als Management-Assistentin gearbeitet und sich in dieser Zeit entschlossen, ihr Fachabitur nachzuholen. Im Juni hat sie ihre letzte Prüfung bestanden und einen Notendurchschnitt von 1,7 erreicht. Ab Oktober wird die junge Frau an der Hochschule Fulda „Soziale Arbeit“ studieren.

Zur lederverarbeitenden Handwerk ist sie über ihren Mann Christian gekommen, den sie übrigens kennengelernt hat, weil sie sich beide in der Mittelalterszene tummeln. „Mein Mann ist aktiver Live-Rollenspieler und hat sich eine sehr aufwändige Lederrüstung gearbeitet. Dafür hat er ein ganzes Jahr gebraucht.“ Angeregt vom Beispiel ihres Mannes wollte sie auch irgendwann ausprobieren, wie das ist, mit Leder zu arbeiten. Also hat sie sich eine Haarspange und eine kleine Tasche gefertigt. Die sind im Freundes- und Bekanntenkreis anschließend bewundert worden. „Kannst du mir auch so etwas machen“, ist sie oft gefragt worden. Sie konnte. Im Sommer 2013 hat sie sich schließlich dazu entschlossen, ein Gewerbe anzumelden. Seitdem arbeitet Daniela Prins etwa fünf Stunden die Woche in ihrer Werkstatt mit Leder. „Wenn andere ins Fitnessstudio gehen, gehe ich in die Werkstatt“, lacht sie. „Es ist ein schöner Moment, wenn jemand auf einem Markt an meinen Stand kommt, um etwas zu kaufen, das ich mit meinen eigenen Händen hergestellt habe und mit Geld bezahlt, das er sich hart erarbeitet hat. Das ist Wertschätzung.“

Beispiel für eine Punzierarbeit der Feintäschnerin

Daniela Prins sieht sich bei ihrer Arbeit bestimmten Fertigungsgrundsätzen verpflichtet: Sie arbeitet so umweltverträglich wie möglich, verwendet kein Exotenleder und lehnt „Aufträge, die politisch radikal zuzuordnen sind“, ab. „Das ist tatsächlich schon öfter vorgekommen“, bekräftigt sie. Wenn jemand gebrauchte Lederkleidung oder Taschen zu ihr bringt, arbeitet sie diese auch auf oder um, wenn sie Zeit dafür findet. Momentan sei die Auftragslage aber so gut, dass sie für Restaurationen oder Upcycling keine Zeit hat.

Seit einiger Zeit befasst sich Daniela Prins mit der „Punziertechnik“. Dabei werden Motive auf ein Lederwerkstück aufgezeichnet und mit einem speziellen Messer ausgeschnitten. Das Motiv wird dabei in das Leder versenkt, so dass es als Negativ zu sehen ist. Ihre erste Punzierung war Harry Potters „Patronus“, ein Hirsch, auf einer kleinen Tasche. „Ich bin Harry Potter Fan und lasse bei der Arbeit in der Werkstatt immer Harry Potter-Videos auf dem Laptop laufen. Nebenher sozusagen. Den gesamten Harry Potter-Zyklus – und Stargate – habe ich auf diese Weise bestimmt schon zwölfmal gesehen.“

Dani Prins fertigt eine Sattlernaht.

Auch wenn Daniela Prins am liebsten punziert, im Gespräch will sie die Sattlernaht in den Mittelpunkt rücken. „Wenn die Naht nicht stimmt, kann man das Werkstück vergessen. Die Qualität einer Ledertasche zum Beispiel steht und fällt mit der Naht.“ Dann setzt sie sich an ihren Nähkolben, den sie angelehnt an den englischen Ausdruck „Stitching Horse“ lieber Nähpferdchen nennt, und zeigt wie die Sattlernaht gemacht wird. Mit einer Ahle sticht sie ein kleines Loch in das Leder und zieht mit einer Nadel einen Faden hindurch. Von der anderen Seite zieht sie geschickt einen zweiten Faden durch dasselbe Loch. Beide Fäden zieht sie dann fest. Mit Hilfe dieser Technik entsteht eine stabile Naht. Reißt einer der beiden Faden irgendwann – etwa durch Abnutzung –, hält der andere die Naht weiterhin zusammen. Für einen halben Meter Sattlernaht braucht Daniela Prins bei dickem Leder etwa zwei Stunden. Aber ihr Hobby macht ihr ja großen Spaß.

Die fertigen Lederarbeiten verkauft sie auf Märkten und Festen der Region. Auf dem Mittelaltermarkt in Münzenberg zum Beispiel, auf dem Herbstmarkt in Ulrichstein, bei der 1200 Jahrfeier in Rohrbach oder auf der Gildemesse in Hirzenhain am kommenden Wochenende. Ein besonderer Höhepunkt im Juni dieses Jahres war die erste Weltmeisterschaft im Doppelaxtwerfen in Münster bei Laubach. Der veranstaltende Verein, die „Asgard Throwers“, hatte die junge Frau eingeladen, ihre handgearbeiteten Lederwaren an einen Stand feilzuhalten. Neben Gürteln und Taschen bot Daniela Prins in Münster auch Axtblattschoner an. Das sind – wie der Name schon vermuten lässt – Ledertaschen, die über die Axtblätter gestülpt werden, um die Schneide zu schonen und damit sich keiner verletzt. „Das ist ein exklusiver Gegenstand, den man nicht auf jedem Markt findet. Bereits am zweiten Tag der Weltmeisterschaften hatte ich alle Axtblattschoner verkauft, die ich mitgebracht hatte und musste am Stand nachproduzieren. Das war für mich eine ganz neue Erfahrung.“

Nachtrag: Die Zeit steht nicht still. Auch bei Dani Prins. Inzwischen ist sie in die Rhön, nach Hilders, gezogen. Die Wetterauer Lederschmiede heißt seit September 2018 Hautkuhtier – Ledermanufaktur. Ein Ladengeschäft betreibt die junge Frau nicht mehr, aber sie veranstaltet weiterhin Workshops und Vorführungen ihrer Lederkunst.
Ihr findet Dani Prins unter der Telefonnummer 0668-191 792 29. Neuigkeiten gibt’s bei www.hautkuhtier.de und auf Instagram: ‚hautkuhtier.