Die Mops will in die Disko

Keine Mops, okay, aber eine Zwergfledermaus

Wie andere Fledermausexperten war auch er lange der Meinung, das Flugsäugetier sei um Nidda und Ranstadt gar nicht mehr zu finden. Diese Einschätzung änderte sich 2015. Nachhaltig. In eben jenem Jahr sollten in Nidda am Eschberg Windkraftvorranggebiete ausgewiesen werden. Im Zuge dieser Planungen wurde das Fledermausvorkommen untersucht. Allerdings, so sagt Adam Strecker, nur in zwei Nächten in einem Jahr. Das sei jedoch nicht aussagekräftig, befanden er und weitere Naturschützer. „Also haben wir selbst Untersuchungen angestellt und tatsächlich nach einigen Wochen hier bei uns die sehr seltene Mopsfledermaus entdeckt.“ Das sei eine große Überraschung gewesen, mit der die Suche erst richtig anfing: „Wir fragten uns: Wo haben diese Fledermäuse ihre Quartiere?“ Also wurden am Eschberg weitere Detektoren aufgestellt. Die zeichnen die artspezifischen Rufe einer vorbeifliegenden Fledermaus auf.

Michelnauer Steinbruch

Nun muss man wissen, dass die Mopsfledermaus wie alle ihre Verwandten im Verlauf eines jeden Jahres mehrmals umzieht. Wenn die Temperaturen deutlich unter null sinken, bezieht sie ihr Winterquartier und erst im März verlässt sie es wieder. Dann ziehen die Weibchen um in die Wochenstube. „Das ist eine Versammlung von Weibchen, die schwanger sind, Junge gebären und aufziehen. Männchen werden in der Wochenstube nicht geduldet. Sie sind Einzelgänger“, erklärt Adam Strecker. Eine Wochenstube der Mopsfledermaus umfasst im Mittel zehn bis 15 Weibchen. Zum Vergleich zieht der Tierschützer zwei andere Fledermausarten heran: „In der Ober Mockstädter Kirche gibt es die einzige große Wochenstube von Grauen Langohren in der Wetterau. Das sind etwa 30 Weibchen.“ In der Kirche in Schwickartshausen und im Wehrturm in Lißberg befindet sich eine Wochenstube des Großen Mausohrs mit etwa 500 Weibchen. 80 Prozent von ihnen bekommen Junge. Dort sind im Sommer bis zu 900 Fledermäuse.“ Nach dem Wochenstubenaufenthalt ist das Schwärmquartier dran. „Wir nennen das Fledermausdisko“, sagt Adam Strecker und lacht herzhaft. „Dort zeigen die Männchen im Sommer und Herbst, was sie draufhaben. Sie fangen an, den Weibchen etwas vorzusingen.“ Die Weibchen hätten nämlich zu dieser Zeit die Pflege der Jungen beendet und seien bereit für die Fortpflanzung.

2015 und 2016 haben Adam Strecker und seine Mitstreiter nach den Quartieren der Mopsfledermaus gesucht Mit sieben bis neun Detektoren an 75 wechselnden Standorten. Unterstützt von heimischen Naturschützern und vom Forstamt Nidda, das inzwischen die Patenschaft für die Mopsfledermaus übernommen hat. Die Naturschützer haben unter anderem den Bereich um den Eschberg und den Michelnauer Steinbruch gerastert. „Anfang 2016 hatten wir endlich am Eschberg Erfolg. Im Wald. In der Kernzone des Forstamts Nidda. Wir haben herausgefunden, dass die Mopsfledermaus bei uns überwintert und dass am Eschberg und im Michelnauer Steinbruch die Disko stattfindet.“ Die erhobenen Daten seien der Stadt Nidda beziehungsweise dem zuständigen Gutachter vorgelegt worden. „Dann war klar: Windkraft ist am vorgesehenen Standort nicht möglich.“

In den Ritzen und Spalten fühlt sie sich wohl, die Mops.

Anschließend wollten die Naturschützer herausfinden, wo sich die Wochenstubenkolonie der Mopsfledermaus befindet. „Sie verschwindet in der Wochenstubenzeit fast vollständig aus unserer Gegend und kehrt erst danach wieder zurück. Also haben wir Netze aufgestellt, acht bis zehn Meter hoch und 15 Meter breit.“ Den Tierschützern ist es so gelungen, Tiere einzufangen und mit einem Sender auszustatten. Der ist sehr leicht, wird den Tieren auf die Haare geklebt und fällt nach etwa drei Wochen ab. Im Wald sendet er gerade mal 500 Meter weit. Im Wechsel haben Adam Strecker und die anderen die nachtaktiven Tiere verfolgt. Im Auto. Mit Antenne auf dem Autodach. Trotz aller Widrigkeiten hat einer von Adam Streckers Mitstreitern es geschafft, ein Weibchen zu verfolgen. Die nächtliche Verfolgungsjagd bestätigte die Vermutung, die die Fledermausschützer ohnehin schon hatten: Die Wochenstube der Mopsfledermäuse, die am Eschberg oder im Michelnauer Steinbruch Disko halten und in der Region überwintern, befindet sich im Spessart. „Wir hoffen, dass es irgendwann auch bei uns in der Region eine Wochenstube geben wird.“

Damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Das Bundesamt für Naturschutz hat ein Programm zum Schutz und zur Förderung der Mopsfledermaus in Deutschland aufgelegt. „Ab Frühjahr 2020 wird auch unsere Mops untersucht“, sagt Adam Strecker zufrieden. „Mit der Detektorenuntersuchung sind wir fertig.“ Daran hat der 71-Jährige großen Anteil, denn erforscht und ausgewertet hat er alle Daten, welche die Detektoren dokumentiert haben, mit einem aufwändigen Computerprogramm bei sich daheim in Ranstadt. Um die vielen Daten zu speichern und zu verarbeiten, hat er sich über die Jahre schon etwa 20 externe Festplatten angeschafft. In einem Untersuchungszeitraum von fünf Jahren ist es so gelungen, 18 Fledermausarten im Großraum Nidda zu bestimmen. „Die nächste Stufe ist die Telemetrierung und die Gen-Untersuchung“, fährt er fort: „Genau das umfasst das Bundesprogramm.“