PROLOG
Ich hab kein Problem mit der Polizei. Ich habe schon tolle Hilfe erfahren, als das Handy meiner Tochter geklaut wurde – von einer ebenso dreisten wie dummen Diebin. Der Beamte war prima. Erst vor ein paar Wochen habe ich ein tolles Interview mit einem Opferschutzkoordinator geführt und ich bin davon überzeugt, dass die meisten Polizeibeamten einen guten Job machen.
THE EIGENTLICHE STORY
Vor ein paar Monaten flatterte dem Hauptmann ein Schreiben vom Regierungspräsidium in K ins Haus. Dort hieß es, er sei durch D zu schnell gefahren. Auf dem Beweisfoto war eindeutig nicht er zu sehen. Weil das Auto auf ihn zugelassen ist, aber von mir, Kassandra, gefahren wird. Also hat er denen online geschrieben, dass er es nicht war. Ein paar Tage später bekam ich ein Schreiben. Diesen Zusammenhang fand ich noch witzig. Hab online – mit PIN und Login – ausgefüllt, dass ich es nicht war. An dem Tag waren der Hauptmann und ich im Vogelsberg Rad fahren. Lange. Anstrengend.
Nur: Dieses Online-Antworten hat nicht funktioniert. Die Behörde hat also ein weiteres Schreiben geschickt: Anhörung im Bußgeldverfahren. Fuck, dachte ich. Kapieren die nicht, dass ich das nicht war. Ich hab denen doch gesagt, wo ich war. Wahrheitsgemäß.
Also bin ich an einem Sonntagmorgen mit dem Rad zur Polizeistation in B gefahren, nachdem ich extra einen Termin mit der zuständigen Beamtin vereinbart hatte. Ich sage ihr: „Ich war das nicht.“ Sie sagt: „Wenn ich mir das Beweisfoto anschaue, dann sieht die Person aus wie Sie.“ Ich sage: „Das kann sein. Aber ich war das nicht. Ich war mit meinem Mann Rad fahren im Vogelsberg.“ Und denke: „Warum zum Teufel soll ich herkommen, wenn die Gefahr besteht, auf dem Foto als Raserin erkannt zu werden? Warum? Wäre doch saudumm.“ Sie sagt: „Ich werde weitergeben, dass Sie aussehen, wie die Person auf dem Beweisfoto. Dass Sie es waren.“ Ich sage: „Ich war es aber nicht.“ Vielleicht bin ich die Saudumme.
Als ich nach Hause komme, sagt der Hauptmann: „Haben die nicht gesehen, dass du keine Tunnel in den Ohren hast, wie die Person auf dem Beweisfoto?“ Ich sage: „Nein, haben sie nicht.“
Heute kam wieder ein Schreiben. Förmlich zugestellt. Ich möge 70 Euro zahlen plus 25 Euro Gebühren plus 3,50 Euro Auslagen. Meine Identität sei im Rahmen der Ermittlungen festgestellt worden. Ist sie das? Darüber kann man unterschiedlicher Auffassung sein.
Ich habe der Behörde in K also ein Foto meiner faltigen alten Ohren geschickt – und sie informiert, dass ich keine Tunnel habe. Mal schauen, ob die antworten. Wenigstens das!
EPILOG
Mir geht es nicht um die Kohle. Die überweise ich ohne Zögern. Was mich wütend macht, ist, dass die Beamten mir nicht glauben. Dass sie so selbstverständlich annehmen, ich würde lügen.
Die armen Menschen müssen sehr viel mit Lügnern, Betrügern und Leugnern zu tun haben. So viel, dass sie jemandem, der die Wahrheit sagt, nicht glauben. Krass!
PS Ich weiß, wer es war.