Archiv des Autors: elkekaltenschnee

Märchen in Stichworten

Schneewittchen

Spieglein: Smartphone-App mit diversen Filtern.

Schneewittchen: Aktivistin, TikTok-Challenge-erprobt, möchte nach der Schule gern ein Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr auf unberührten Inseln machen, bevor die im Meer versinken.

Böse Stiefmutter: Früher war alles besser, FB-Userin, die bei „Wer das noch kennt…“ oder „Damals haben wir immer draußen gespielt, bis es dunkel wurde“ oder „Münzfernsprecher“ ein Like hinterlässt und „Genau!“ murmelt. 53 FB-Freunde. Erkennt nicht, dass ihre große Zeit vorbei ist.

Vater: Spielt keine Geige, ist nie da, widmet sich seinen beruflichen Verpflichtungen mit den Worten „Das mache ich doch alles nur für euch.“ Kann mit Emojis nicht umgehen.

Prinz: Träumt von Elternzeit, weil er sich da endlich mal so richtig seinen Hobbys widmen kann. Bereitet Vaterschaft proaktiv vor.

Jäger: Transgender, weiches Herz. Hat lange um Jägers sexuelle Identität gerungen, Termin für Masektomie hat Jäger schon, sich aber noch nicht getraut, Jägers Eltern etwas zu sagen. Schreibt seit einiger Zeit an einer E-Mail, um es ihnen zu erklären.

Sieben Zwerge: nationalkonservative Chauvinisten, die eine Frau(!) brauchen, die für unter Mindestlohn putzt, bügelt, wäscht, abwäscht und kocht. Bewerten Gender Pay Gap positiv.

Revoluzzer-Ritschie oder die Geschichte derer zu Spreuss

Ahnt ihr überhaupt, welche Unbilden manche Menschen in ihrem Leben durchleben? Welches Ungemach ihnen dräut, wenn ihnen das Liebste abhanden kommt: jene Identität, die sich in Eigentum, Ansehen und jahrhundertealten zumeist unverdienten Privilegien manifestiert? Dann lest die Mär von Friedrich XIII, der im Familienverbund auf den Rufnamen Ritschie hörte. Lest, was den unglücklichen Prinzen dazu bewog, seiner Sehnsucht nach den Spreussschen Erblanden zu folgen.

Wer diesen Quatschkram sucht, wird ihn unter Local Hoaxes finden.

Das Bilderbergtreffen: Thriller in einem Zug

Bilderberg-Treffen. Im geheimen Zirkel der Macht, schreibt eine Zeitung. Bilderbergtreffen. Um dieses Wort ließe sich eine Geschichte spintisieren. Da würde es um Macht gehen und um Intrige, um dunkle Treffen hinter verschlossenen Türen. Ein Schurke würde versuchen, das Treffen für seine malevolenten Zwecke zu nutzen, und ein edler Held in aller Heimlichkeit und unter falschem Namen im Team des Catering-Unternehmens eingeschleust ein Video drehen und es in der stets lauernden Gefahr, der Deckung beraubt zu werden, nach draußen schmuggeln. Er würde verraten werden. Von seinem engsten Freund und Vertrauten. Natürlich. Doch in den Kasematten tief unter der Bilderburg in die Enge gedrängt von Schergen der Mächtigen, würde er das Video durch ein Wurmloch, das sich in der Raumzeit auftäte, in die Zukunft werfen. Dort würde schon seine Urenkelin auf das Video warten, um die Mächtigen mit einem Zeitverzug von fast hundert Jahren zur Rechenschaft zu ziehen. Über Umwege, die diese Geschichte sprengen würden, hätte sie von der Existenz des Videos erfahren und den genauen Tag, die Stunde und den Ort des Wurmloch-Raum-Zeit-Wurfs. Sie würde das Video mit der rechten Hand geschickt auffangen und es unter Verlust ihrer körperlichen Unversehrtheit an die Presse geben –  an zwei Journalisten, denen sie vertraut. Doch diese würden, da die Mächtigen, die sich auf der Burg auf dem Berg in der Vergangenheit getroffen hätten, über geheime Möglichkeiten der Zeitreise verfügten, gefangengenommen, in eben jenen Kasematten grausamst gefoltert und alles verratend zum Verrotten bei lebendigem Leib in den Katakomben eingekerkert. Die Urenkelin würde in den Untergrund gehen, zu Unrecht verfolgt als Staatsfeindin, verleumdet und gesellschaftlich diskreditiert. Nichts ist wie es scheint.

Die Rechenschaft bliebe aus. Die Strafe fände nicht statt. Das System würde sich Anfeindungen gegenüber gefestigt zeigen. Der Oberjurist und der Polizeichef würden in einer gemeinsamen Pressekonferenz darauf drängen, die innere Sicherheit zu verbessern, um Terroristen wie die junge Frau, die Urenkelin unseres Helden, früher zu entlarven.

Am Tag darauf greift Kassandra als erste zur Zeitung. Sie liest vor. „… habe der Innenminister vor der Presse betont, das Bilderbergtreffen müsse als großer Erfolg gewertet werden. Er dankte den Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Militär und Finanzwelt für deren Bereitschaft zum offenen Dialog. Er sei zuversichtlich, dass das Treffen auch im kommenden Jahr stattfinden werde.“

Männer in dunklen Anzügen posieren auf einem Foto.

It’s Krieg, stupid

Da ist er, der Oberstleutnant. Rühriger Reservist, regelmäßige Wehrübungen. Vor ein paar Tagen hat ein Kamerad angerufen. „Wir sind nicht mehr in Gehfeld“, hat der gesagt und: „Wir sind seit Wochen auf dem Truppenübungsplatz in Haastock, bilden ukrainische Soldaten für die Front aus.“ Die ganze Ausbildungskompanie – alle Mann, jede Frau – ist umgezogen. Jetzt wohnen sie in Bundeswehrzelten, tragen Gefechtsuniform und sind mittlerweile etwas verwahrlost. Achten nicht mehr so auf sich, wie sie es im Kasernenalltag mit seinen Konventionen und mit der sozialen Kontrolle tun müssten, denkt sie. „Wie im Einsatz“, sagt der Oberstleutnant. „Kriegseinsatz oder Friedensmission?“, denkt die Liebste.

Aber mal der Reihe nach…

Van Gogh hatte Ohrgeruch

2012-09-01 13.46.36Muss man sich jeden Abend betrinken, um Künstler zu sein?
Oder reicht es aus, einen schwarzen Rollkragenpullover zu tragen? Vielleicht mit Seidenschal?
Sind Künstler immer Bildhauerinnen und Maler oder dürfen sich Regisseurinnen und Filmproduzenten dazu zählen?
Krankenschwestern sind sind sicher keine Kunstschaffenden. Die tragen ja keine Rollis und betrinken sich abends nicht – vor allem, wenn sie Dienst haben.
Aber was ist, wenn sie in ihrer Freizeit malen?
Sind sie dann Dilettantinnen? Hobbymaler oder, wenn sie einen Seidenschal besitzen, doch Künstlerinnen?
Kassandra seufzt. Die Welt wird mit jedem Tag komplexer. Vor allem, wenn man sich jeden Abend betrinkt.

Wenn überhaupt Fleisch, dann dieses!

Sommers wie winters auf der Weide

Herbst 2020. Es ist früh am Morgen, der Tag frisch, die Sonne steht noch tief im Osten,  taucht Wald und Feld in goldenes Licht. Tau liegt auf dem Gras, es riecht nach feuchter Erde. F., Jäger, Metzger, Landwirt in Personalunion, und sein Helfer befestigen den Anhänger an einem der Transporter Für diesen Tag ist eine Weideschlachtung angesetzt. 72 Stunden vor diesem Termin hat F. das Veterinäramt des Landkreises informiert, auch weil bei dieser Form der Schlachtung seit etwa einem halben Jahr immer ein Amtstierarzt anwesend sein muss.

Und hier geht’s zur ganzen Geschichte.